Aus dem Moor in den Markt

Handelskette Obi vertreibt Donaumoos-Pflanzenkartons aus Rohrglanzgras – 550.000 Stück für ganz Deutschland

 

In den Märkten der Handelskette Obi gibt es künftig Pflanzenkartons aus dem Donaumoos. Die faltbaren Schachteln, die zu zehn Prozent aus Rohrglanzgras bestehen, sind eines der Ergebnisse aus dem Forschungs- und Entwicklungsprojekt „Produkte aus Moorfasern“ des Donaumoos-Zweckverbands. Insgesamt 550.000 Stück sollen den Kundinnen und Kunden des Konzerns aufzeigen, wie sich Moorbodenschutz und Wertschöpfung kombinieren lassen.

 

Das Projekt des Donaumoos-Zweckverbands, das seit Anfang 2024 läuft, soll die Rohfaserherstellung und die Weiterverarbeitung im industriellen Maßstab sowie auch die Wirtschaftlichkeit möglicher Produkte untersuchen. Im Fokus stehen dabei Paludikulturen wie Rohrglanzgras und Schilf, die das Potenzial haben, Klimaschutz und Wertschöpfung miteinander zu vereinen. Die Pflanzen wachsen bei hohen Grundwasserständen und ermöglichen damit den Erhalt des für den Klimaschutz wichtigen Moorkörpers. Während trockene Moore pro Hektar und Jahr etwa 50 Tonnen CO2 und andere Treibhausgase ausstoßen, können nasse Moore große Mengen an Kohlenstoff aufnehmen und speichern. Gleichzeitig bergen Paludikulturen ein großes Potenzial für die Papier- und die Verpackungsindustrie, die gerade durch den Onlinehandel stark wächst. Auch im Zuge der Dekarbonisierung gelangen regionale und nachhaltige Ressourcenströme zunehmend in den Fokus.

 

Die Kartonherstellung im Schrobenhausener Werk der Leipa-Unternehmensgruppe stellt auf diesem Weg einen wichtigen Schritt dar. „Wir freuen uns, dass die Produktion reibungslos funktioniert hat“, erklärt Michael Hafner, Geschäftsführer des Donaumoos-Zweckverbands, der nach der Herstellung von Papier, Postkarten und Briefumschlägen aus Moorfasern bei der Papierfabrik Gmund am Tegernsee den nächsten Schritt in Schrobenhausen begrüßt. Leipa-Werkleiter Robert Schiefner ergänzt: „Die Fasern konnten ohne Probleme verarbeitet werden.“ Innerhalb von fünf Stunden seien rund 65 Tonnen Karton aus Moorfasern und Altpapier hergestellt worden. „Sämtliche kartonspezifische Parameter wurden erreicht.“ Auch Projektkoordinatorin Stefanie Lang, die sich von der Produktion selbst ein Bild gemacht hat, zeigte sich zufrieden. „Wir haben ein gutes Ergebnis erreicht, das für das Donaumoos und für die Papierindustrie hoffen lässt.“

 

Das verarbeitete Material stammt von der Versuchsfläche des Donaumoos-Zweckverbands beim Berg im Gauer Ortsteil Lampertshofen. Dort wachsen seit dem Jahr 2019 Rohrkolben, Seggen und eben Rohrglanzgras – und zwar bei erhöhtem Grundwasserstand. Das Rohmaterial für den Versuch hatte die Firma Fibers365 aus Baden-Württemberg Anfang des Jahres zu Fasern verarbeitet und anschließend nach Schrobenhausen geliefert. Von dort aus geht es für die Kartonage nun weiter: Denn schon bald soll sie in Form von Kartonsteigen in Obi-Baumärkten erhältlich sein. Sowohl die Handelskette als auch die Leipa-Gruppe sind Mitglied in der bundesweiten Allianz der Pioniere. Deren Ziel ist es, neue Wertschöpfungsketten für Produkte aus Paludikulturen aufzubauen.Der Schritt von der Theorie und Forschung in die Praxis und zum Verbraucher ist für das Donaumoos von großer Bedeutung. Immerhin hat der Zweckverband mit seinen Industriepartnern aufgezeigt, wie eine vollständige Wertschöpfungskette aussehen kann: vom Rohrglanzgras, das auf einer wiedervernässten Moorfläche wächst, zur Moorfaser, welche die Firma Fibers365 daraus produziert, zum fertigen Moorkarton, der in Schrobenhausen bei Leipa entstanden ist, und schließlich über die Weiterverarbeitung bei der Firma Leopold in die Obi-Märkte. „Hier haben wir ein Paradebeispiel dafür, dass sich Moorbodenschutz, also Klimaschutz, sowie Wertschöpfung nicht ausschließen“, erklärt Projektleiter Raphael Burkhardtsmayer vom Donaumoos-Zweckverband.

 

Dass das Material letztlich bei der großen Handelskette gelandet ist, hängt mit einer bundesweiten Initiative mit dem Namen toMOORow. Diese hat in einer sogenannten Allianz der Pioniere große Unternehmen gebündelt, die sich für den Schutz der Moore einsetzen. Darunter: sowohl Obi als auch Leipa, die dem Projekt aus dem Donaumoos nun deutschlandweite Aufmerksamkeit bescheren. „Mit dem Paludi-Karton bringen wir ein Produkt in den Handel, das zeigt, wie Moor- und Klimaschutz ganz praktisch im Alltag gelingen können“, sagt Heide Schulte-Beckhausen, Head of Environmental, Social and Governance bei Obi. Verpacken auf nachwachsenden Rohstoffen wie eben Rohrglanzgras sind in ihren Augen ein „Schritt in Richtung Zukunft“.

 

Der Vorteil an der Pflanze: Sie wächst und gedeiht bei hohen Grundwasserständen, so dass der Moorboden für eine Bewirtschaftung nicht entwässert werden muss. Auf diese Weise bleibt der Torf erhalten und der darin gebundene Kohlenstoff im Boden. Und nicht nur das: Paludi-Flächen sind laut der Wissenschaft sogar in der Lage, zusätzlichen Kohlenstoff zu binden und so das Klima zu entlasten – so wie es im Donaumoos beispielsweise auf der Versuchsfläche des Zweckverbands bei Lampertshofen passiert. Damit das alles auch beim Kunden ankommt, ist jeder Karton mit einem QR-Code bedruckt, der Interessierte ins Netz und dort zu weitreichenden Informationen führt. Zu finden ist die Infoseite zum Karton hier.